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von der Kulturstiftung

Heldenhafter Nachwuchs - von Tamara Kühner, Hohenloher Zeitung, 24.04.2017

Kindliches Kichern ertönt im Saal, als Felix Klieser sich in Position bringt, um sein Instrument zu bedienen. Der Echo-Preisträger, der ohne Arme geboren ist, bewegt seinen linken Fuß an die Ventile seines Horns, entlockt ihm sogleich volle, warme Töne. Das Kichern wandelt sich in Stille. Mit offenem Mund, voll Staunen und Bewunderung, verfolgen die zahlreichen kleinen Zuhörer wie der Solist das Hornkonzert Nummer 1 in Es-Dur von Richard Strauss spielt. An seiner Seite: die 60 Talente des Landesjugendorchesters Baden-Württemberg, die gefühlvoll und präzise ihren Part erfüllen. 

Mit Verklingen des letzten Tons zeigt sich das Publikum völlig aus dem Häuschen, mehrere Minuten jubeln, pfeifen und klatschen die mehr als 200 Zuhörer, einige hält es nicht auf ihren Stühlen. Klieser kommt zu einer Zugabe auf die Bühne. Alleine, nur er und sein Instrument, spielt er eine Bearbeitung von Gioacchino Rossinis „Le rendezvous de chasse", das ursprünglich für vier Hörner komponiert wurde. Erneut brandet Applaus auf, die Musiker des Orchesters verabschieden den Solisten mit wildem Füßestampfen in den Feierabend. Die Nachwuchsmusiker haben hingegen mit Ludwig van Beethovens „Eroica"-Symphonie in Es-Dur noch ein hartes Stück Arbeit vor sich. 

Qualität. Doch die baden-württembergischen Talente erweisen sich in der Aula der Freien Schule Anne-Sophie als heldenhafte Beethoven-Interpreten. Wo es beim Eröffnungsstück „Endorphin" von Sören Nils Eichberg noch etwas an Leichtigkeit fehlte, die Nervosität noch spürbar den Ton angab und das zeitgenössisch-ambivalente Concerto Grosso in seinen dissonanten Strukturen bisweilen für kleinere Probleme sorgte, ist bei Beethoven die ganze Qualität des Orchesters zu hören. 
Mitreißend und voll Spielfreude absolvieren sie das fast einstündige Machwerk. Die dynamischen Gegensätze - von flüsterndem, dreifachem Piano hin zur ganzen Klanggewalt des Orchesters - hat Dirigent Johannes Klumpp sorgfältig herausgearbeitet, ebenso wie die verschiedenen Charakteristika des Werks.

Ende. Wenn es im letzten Satz (Allegro molto - Poco andante - Presto) in rasender Geschwindigkeit dem Ende entgegen geht, Klumpp auf dem Pult mal tänzelt, mal energisch stampft, die Bögen der Violinisten zu fliegen scheinen, dann ist es kaum zu glauben, dass schon fast eine Stunde vorüber ist. Dass die Musiker mit unglaublicher Konzentration noch immer ein solch präzises Spiel auf hohem Niveau absolvieren. Im Presto stürmen sie dem heroischen Ende der Symphonie und des Konzerts entgegen. Fast. Denn zwei Zugaben ringt das Publikum auf den Taläckern den Musikern ab. 

Als ob es sagen wollte „Jetzt reicht es mir für heute", setzt das Dirigentenpult den unerwarteten Schlusspunkt des Konzertabends von Kulturstiftung Hohenlohe und Akademie Würth. Beim "Ungarischen Tanz Nummer 5" von Johannes Brahms kippt das Pult, ob des rhythmischen Stampfens von Musikern und Dirigent, nach hinten - fast zeitgleich mit dem letzten Ton des Orchesters. Kurzer Schreck, nix passiert, Gelächter, Applaus, Ende. 


Orchester. Das Landesjugendorchester Baden Württemberg wurde 1972 gegründet. Die Besetzung besteht in der Regel aus bis zu 90 Talenten und Jugend-musiziert-Preisträgern zwischen 13 und 20 Jahren. Zweimal im Jahr gibt es so genannte Arbeitsphassen. Das Frühjahrsprogramm mit sechs Konzerten leitet der gebürtige Stuttgarter Johannes Klumpp.