Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

Empfindsame Klänge - von Ralf Snurawa, 16.6.2017, Hohenloher Zeitung

In der Kunst, und damit auch der Musik, spricht man gern von Stilepochen. Da kommt die Vorstellung auf, dass die eine endet und die andere sich gleich daran anschließt. Aber manchmal war eine ganze Reihe von Stilen zeitgleich zu erleben. Das lässt sich vor allem für das 18. Jahrhundert festhalten.
Da lebte etwa der Komponist Georg Philipp Telemann, ein Vertreter der spätbarocken Kompositionsweise, bis 1767. Joseph Haydn war in dessen Todesjahr aber schon 35 Jahre alt, das Wunderkind Wolfgang Amadeus Mozart ganze elf − beide Vertreter der Wiener Klassik. Und zwischen 1720 und 1770 war der empfindsame Stil vorherrschend, dessen bekanntester Hauptvertreter Carl Philipp Emanuel Bach war, Vorbild Haydns und Mozarts.
Wiederentdeckt Am Sonntagabend widmeten sich die Oboistin Karla Schröter und der Organist Alexander Puliaev, Mitglieder des Ensembles Concert Royal, beim Hohenloher Kultursommer in der Waldenburger Stadtkirche gerade dieser Zeit. Mit Johann Wilhelm Hertel stellten sie dabei einen Komponisten in den Mittelpunkt ihres Konzertes, der erst in den letzten Jahren wiederentdeckt wurde.
Drei Partiten Hertels für Oboe und Orgel bildeten die Programmsäulen. Die C-Dur-Partita, wie die anderen beiden Werke eigentlich eine Sonate, bestach durch heiteren und einfachen Ton. Der Eindruck zierlicher Eleganz wurde eingangs durch die starken Verzierungen betont. Schnelle und virtuos umgesetzte Figurationen bestimmten den Schlusssatz. Dazwischen konnte man auch klangliche Härte auf der für diese Musik idealen Barockoboe verzeichnen. Beide Interpreten zeigten aber genauso Sinn für weich getönte Moll-Schattierungen.
Wie in der C-Dur- und der d-Moll-Partita hatte Hertel auch im F-Dur-Werk die Oboenstimme stark mit dem Orgeldiskant verflochten und knüpfte damit an die barocke Technik der Triosonate an. Das federnde Staccato des dritten Satzes erinnerte bisweilen an eine tänzelnd gespielte Scarlatti-Sonate. In einer Komposition Domenico Scarlattis wähnte man sich auch zu Giovanni Battista Pescettis Orgelsonate, von Puliaev mit Esprit gespielt. Stärker an der barocken Kirchensonate orientiert blieb Johann Georg Linike, von dem im Publikum auf Nachfrage der Oboistin noch nie jemand etwas gehört hatte. Der dritte Satz, ein "Largo", faszinierte durch klagenden, mit Seufzermotivik angereicherten Ton, ausdrucksstark von den Interpreten wiedergegeben.
Unbekannt Genauso unbekannt dürfte den Zuhörern auch Gotthilf Friedrich Ebhardt als Komponist sein. Sein Choralvorspiel "Befiehl du deine Wege" ließ die Oboe sanft mit der Choralmelodie über ruhig fließenden Orgelumspielungen erklingen. Präludienartige Akkordbrechungen bestimmten dagegen Gottfried August Homilius’ Choralvorspiel "O Gott, du frommer Gott", ebenfalls sehr barock wirkend.
Mit Werken von Haydn und Mozart wurde auch noch die Wiener Klassik kurz berührt. Alexander Puliaev verlieh einigen Stücken Haydns für die "Flötenuhr" heitere Gesanglichkeit, darunter auch ein Stück mit dem Titel "Der Kaffeeklatsch". Das Gesangliche war auch zu Mozarts F-Dur-Andante "für eine Walze in eine kleine Orgel" bestimmend, ohne jedoch dramatische Trübungen außer Acht zu lassen. Mit tänzerischen Tönen aus einer Homilius-Sonate als Zugabe revanchierten die beiden Musiker für den begeisterten Beifall.