Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

Schwermut mit leisem Hauch friedvoller Erfüllung - von Renate Väisänen, 10. Juli 2017, Hohenloher Zeitung

Warm ist es im Saal. Zahlreiche unter den rund 150
Konzertgäste wedeln sich mit mitgebrachter Fächern oder
Konzertprogrammen etwas Kühlung zu. Doch spätestens zum
Begrüßungsapplaus werden die Frischespender weggelegt.

Einem intimen wie innigen Dialog ihrer Instrumente
verschreiben sich Geigerin Rebekka Hartmann und Pianistin Margarita
Oganesjan in der ersten Violinsonate G-Dur Opus 78 von Johannes Brahms
(1833-18097). Ein Werk, das dem Zuhörer nahezu die gesamte Palette
menschlicher Empfindungen nahe bringt.

Liedhaft Während im ersten Satz melodiös sehnsuchtsvolle,
liedhafte Motive mit verhalten heiterer als auch tänzerischer Note und
fein nuancierte Stimmungswechsel vorherrschen, wird im zweiten Satz das
hoffnungsvolle Anfangsthema des Pianoforte von klagenden wie trauernden
Geigenklängen durchdrungen. Wütend begehren die Instrumente alsdann auf,
von zornigem Hadern gefolgt, bis dieses in klangschönes Weinen und
seelenvolles Seufzen der Violine übergeht. Doch zum etwas versöhnlicher
stimmenden Ende des Adagios wird das Motiv vom Satzanfang in seiner
ganzen romantischen Schönheit wieder aufgenommen. Wie in tänzerischer,
tränenblinder Trance und bisweilen todtraurig gibt sich der Schlusssatz.
Aber mit einem leisen Hauch friedvoller Erfüllung: vor allem durch die
Reprise des Hoffnung verheißenden Motivs des zweiten Satzes.

Mit Bravour meistert das Duo den Parforceritt durch die romantischen Emotionen.

Anhaltender Applaus für die Pianistin und die über ihren
physischen Einsatz an der Violine ins Schwitzen gekommene Hartmann, die
sich von Zuschauern Luft zufächeln lässt.

Sommerliche Temperaturen herrschten wohl auch, als Brahms
während eines Aufenthalts am Thuner See seine zweite Violinsonate in
A-Dur Opus 100 schrieb, in sehnsuchtsvoller Erwartung seiner
Angebeteten, Hermine Spies. Eine Liebeserklärung mit kantabler und
liedhafter Note hat der Meister in jenem Sommer 1886 geschaffen.
Dieselbe Sehnsucht und Leidenschaft, die einst ihr Schöpfer der Altistin
Spies entgegenbrachte, scheinen die mehrfach ausgezeichneten
Künstlerinnen in ihre Interpretation der Thuner Sonate zu legen.

Tropisch Und die tropischen Temperaturen halten sie auch
nicht davon ab, alles für ihren letzten Vortrag zu geben: die Sonate in
d-Moll Opus 108:

Ein Klanggemälde von hinreißend atmosphärischer Anmut
schaffen die beiden Künstlerinnen aus farbintensiven Stimmungsbildern,
die sie im perfekten Zusammenspiel mal mit festem, sattem,
schwermütigem, mal mit lichtem, filigranem, sehnsuchtsvollem Duktus
aneinanderreihen. Und entladen ihr künstlerisches Feuer in einem
wahrhaftigen Hitzegewitter des romantischen Sentiments zum Finale.