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Hohenloher Kulturstiftung (Druckversion)

Aktuelles

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von der Kulturstiftung

"Flirrende Fieberhaftigkeit und Träumerei" - von Renate Väisänen, 1.7.19, Hohenloher Zeitung

Es ist warm im Fürstensaal. Die Hitze der letzten Tage sitzt im Gemäuer des ehemaligen Residenzschlosses. So empfinden es nicht nur die rund 100 Zuschauer. Auch den Künstlern stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Den Anfang macht das international renommierte Minguet-Quartett mit Robert Schumanns Streichquartett in A-Dur, Opus 41, Nummer 3. Intensiv hatte sich der Komponist zuvor mit den Streichquartetten von Haydn, Mozart und Beethoven auseinandergesetzt, bevor er sich im Sommer des Jahres 1842 an die Königsdisziplin wagte und deren Manuskripte zum 23. Geburtstag auf den Gabentisch seiner Frau Clara legte.
Samten, schwermütig und zaghaft tastet sich das Quintmotiv des ersten Satzes vor, bevor es an Form, Schwung und Bestimmtheit gewinnt und in immer neuen Variationen mannigfaltige Ausdrucksmöglichkeiten findet.
Thema Gleich drei verschiedene Tempi schreibt der Meister dem zweiten Satz vor, der mit seinem angedeuteten Siciliano-Takt Scherzo-Charakter hat. Der stellt sich jedoch im nervös anmutendem Staccato-Reigen, barock anmutendem Fugato oder einer vorwärtstreibenden, leidenschaftlichen Auseinandersetzung von Geige und Bratsche weitaus vielschichtiger dar. Ein liedhaftes, elegisches Thema steht am Anfang des darauffolgenden molto-adagio-Satzes, welchen Schumann in genialer Komplexität des Zusammenspiels der Instrumente mit einem Nebenmotiv weiterspinnt, mit avantgardistisch anmutender Raffinesse verflechtet, um es wieder farbenreich mit dem Anfangsmotiv zu vereinen. Heiter, tänzerisch und temperamentvoll mit flimmernd flüchtigen Streicherklängen gibt sich das Finale – stellenweise wie ein mit militärischem Duktus angeleiteter leidenschaftlicher Reigen.
Im März 1839 schrieb Clara Wieck an ihren späteren Ehemann: „Träumerei – bei diesem glaub ich Dich am Klavier sitzen zu sehen“ und meinte damit das siebte Klavierstück aus Robert Schumanns Zyklus „Kinderszenen“, Opus 15. Das populärste der „kleinen, putzigen Dinger“, wie ihr Schöpfer selbst seine Miniaturen nannte, erklingt in einer Bearbeitung für Streichquartett in seiner vollendeten, romantischen Schönheit.
Etwas fieberhaft Flirrendes, mitunter Aufbrausendes haftet dem Allegro des ersten Satz von Johannes Brahms‘ Streichquartett in C-Moll, Opus 51, Nummer 1 an. Es scheint, als hätte der Komponist sich auf keine bestimmte Grundstimmung festlegen mögen, jedenfalls wird nahezu jede noch so vage, sehnsuchtsvolle Lieblichkeit mit dunklen Untertönen und harschen Bogenstrichen im Keim erstickt.
Fülle Ganz anders dagegen die Romanze des zweiten Satzes: Eine Verschnaufpause gönnt der Komponist dem Zuhörer bei der elegischen Romanze des zweiten Satzes, dem das Ensemble bei allem Schwelgerischen hinreißende epische Fülle verleiht. Vorwärtstreibend mit einem gewissen Hauch von sinnsuchender Rastlosigkeit gibt sich der dritte Satz und überrascht mit einer reizvollen Ahnung von tänzerischer Heiterkeit. Mit heftigem Sentiment geht es ins Finale. Der vorherrschende fieberhafte Gefühlstaumel erinnert zwar an den ersten Satz, lässt hier jedoch keine Hoffnung auf ein erfüllendes Ende zu. Ein schier unerträglicher Spannungsbogen baut sich im Allegro-Satz auf, welcher sich in einem furiosen Gefühlsfinale entlädt.
Mit spielerischer Akkuratesse, brillanter Dynamik und Virtuosität glänzen Ulrich Isfort (erste Geige), Annette Reisinger (Geige), Aroa Sorin (Bratsche) und Matthias Diener (Violoncello) bei den Werken von Brahms und Schumann. Mit enthusiastischem Applaus wird das Ensemble vom Publikum gefeiert.

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