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Hohenloher Kulturstiftung (Druckversion)

Aktuelles

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von der Kulturstiftung

Kreative Könner aus Köln - von Tamara Kühner, Hohenloher Zeitung 26. April 2016

ÖHRINGEN Warmer Saxofonklang erfüllt den Raum, draußen fegt
eisiger Wind über das Landesgartenschaugelände in Öhringen. Es regnet sachte,
aber stet, doch die Jazzliebhaber im Pavillon des Hohenlohekreises haben ihre
Schirme in die Ecke gestellt und lauschen der Musik. Johannes Ludwig: Sing
heißt das Ensemble, das zum Auftakt des Jazzfestivals Upbeat Hohenlohe zu hören
ist. Sing ist eine junge Jazzformation aus Köln mit Johannes
Ludwig (Saxofon), Simon Seidl (Klavier), David Helm (Kontrabass) und Thomas
Sauerborn (Schlagzeug). Ludwig ist außerdem musikalischer Leiter und
Mitinitiator des Festivals und hat die Mehrzahl der Stücke für das Quartett
komponiert. So auch das erste Stück "The old forest land". Die
Komposition lebt von Kontrasten - Einerseits ist der Wald wild, rau, dunkel,
andererseits eine stille und friedliche Idylle: Entspannt beginnt ein geradezu
singendes Saxofon. Wenige Takte später fliegen die Finger von Simon Seidl über
die Tasten des E-Pianos - ein erster dynamischer Höhepunkt baut sich auf. Dann
streicht Thomas Sauerborn mit bloßen Händen über sein Schlagzeug, entlockt ihm
ungeahnt sanfte Rhythmen. Eine fast mystische Stimmung entsteht.


Interpretation Als die ersten Akkorde von "I remember you" auf dem Piano erklingen,
scheint mancher Besucher in Ella Fitzgerald Manier "Was it in Tahiti? Were
we on the NiIe?" schmettern zu wollen. Doch die Interpretation des Jazz-Standards
orientiert sich eher an Saxofon-Legende Charlie Parker. Mehr als orientieren
ist es dann auch nicht. Sing findet seinen eigenen kreativen Weg, das Stück zu
interpretieren. Die Kunst: trotz aller Improvisation und
Freiheit den Charakter, den Wiedererkennungswert der Komposition erhalten. Das
gelingt ihnen auf spannende Weise. Nicht zuletzt, weil die vier Musiker Könner
auf ihren Instrumenten sind und perfekt harmonieren.
Die kompositorischen Ideen, die ]ohannes Ludwig
entfaltet, zeugen von einem tiefen, harmonischen Verständnis. Er weiß die
Möglichkeiten des Jazz in vollem Umfang zu nutzen und bis an die Grenzen
auszureizen. Die Gründe für eine bestimmte Komposition können dann auch mal
banal ausfallen: "Das nächste Stück ist ein Blues, weil ich mal einen
Blues schreiben wollte."


Liebhaber Und während Thomas Sauerborn jedes erdenkliche Teil seines Schlagzeugs durch
streichen, klopfen oder schlagen zum Klingen bringt, David Helm seinem Bass zuzuflüstern
scheint, Simon Seidls Finger vor den Augen verschwimmen und Johannes Ludwig zu
einem weiteren Solo-Höhenflug ansetzt, wünscht man sich, dass dieses Konzert
mehr Jazz-Liebhaber nach Öhringen gelockt hätte. 

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