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Hohenloher Kulturstiftung (Druckversion)

Aktuelles

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von der Kulturstiftung

Faszination ohne Erklärung - von Michael Dignal, Hohenloher Zeitung, 28.07.2018

BRETZFELD Da gab es wohl über längere Zeit vor dem Konzert des Neapolis Ensemble in der Geddelsbacher Kelter keine Kommunikation zwischen den Musikern und den Planern des Hohenloher Kultursommers. Denn die ausgehändigten Programme führen in die Irre, weil offenbar andere Stücke als die aufgelisteten gespielt werden und die Besetzung ebenfalls eine andere ist. Kein Wort wird gesagt, in Neapel spricht man kein Deutsch, so dass sowohl die über 200 Besucher als auch die Veranstalter nichts von ihrem unerwarteten Glück erfahren.

Wechsel In der Pause geht der Kritiker hinter die Bühne und befragt Claudio Bottino, den neuen Gitarristen, der als einziger der Gruppe ein wenig Englisch versteht und spricht. Ergebnis: Geblieben sind die charismatische Sängerin Maria Marone, der Flötist und der Perkussionist; neu ist neben Bottino der Mandolinist, und die Cellistin wurde durch einen Kontrabassisten ersetzt; und ja, das Programm wurde großenteils erneuert oder umgestellt. So viel dazu.

Das Konzert selbst ist ein Ereignis. Es gibt ein harmoniefreies Stück, in dem sich allein die Stimme von Marone über die anhaltende Trommelei erhebt, dann ein Klagelied, das sie so zornig wie jammervoll singt, und weitere Lieder, die sie nicht bloß singt, sondern wie eine Operndiva darstellt, mit großen Gesten, die starke Argumente, Vorwürfe oder Weltumarmungen bedeuten mögen.

Überhaupt ist es Sängerin Maria Marone, die im schwarzen wie im roten Gewand den Mittelpunkt des musikalischen Geschehens aufzeigt und ihre Kollegen zum Begleitpersonal ihrer Soloshow macht. Sie schaut wild entschlossen, grimmig oder frohgemut nach vorne, tänzelt dabei barfuß über die Bühne, klappert zu rhythmusorientierten Tanzliedern mit ihren Kastagnetten und nimmt nach jeder Darbietung eine graziöse Dankeshaltung ein. Geradezu furios ist ihr Sprechgesang in Höchstgeschwindigkeit, bei dem man sich in Nebenstraßen von Neapel versetzt glaubt, wo aufgeregte Hausfrauen über die neuesten lokalen Krisen debattieren. Doch gleich darauf zieht ein Lächeln über ihr Gesicht, das sagen will: Ach, alles nur halb so schlimm, wir machen einfach weiter.

Musikalität Gleichwohl, bei aller Präsenz dieser Interpretin, ist die Musikalität der anderen Ensemblemitglieder so unverzichtbar wie offenkundig. Sie untermalen jede Stimmungslage in geeigneter Form, ob zurückhaltend, fast andächtig, entspannt oder schnell und laut. Dass das Publikum kein Wort versteht und nichts erklärt bekommt, ist vielleicht bedauerlich, aber zweitrangig. Denn ein faszinierendes Musikerlebnis braucht nicht unbedingt Erklärungen.

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