Kulturstiftung Hohenlohe

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von der Kulturstiftung

Osteuropäische Musik vitalisiert - von Michael Dignal, Hohenloher zeitung, 11.08.2015

BRETZFELD Odessa am Schwarzen Meer ist in Osteuropa ungefähr das, was Berlin oder London im Westen sind: ein musikalischer Schmelztiegel. Denn allerlei slawische Folklore verbindet sich dort mit orientalischen, lateinamerikanischen und Sinti-Einflüssen zu einer vitalen Weltmusik. Beim Kultursommer-Konzert in der Geddelsbacher Kelter gab das Ensemble Ja-ka-Scha anregende Kostproben davon. 

Bandtradition Das Quintett - Svetlana Rogovtsova (Geige, Gesang), Andrey Rostov (Gitarre, Gesang), Krzysztof Rudowski (Akkordeon), Boris Lichtman (Kontrabass) und Gilad Gili ReichenthaI (Schlagzeug) - ist die aktuelle Ausgabe einer inzwischen 40-jährigen Bandtradition. Die Musiker aus Russland, Polen, Deutschland und Israel leben und arbeiten in Berlin. Ihre Internationalität durchdringt die Musik: Es wird in verschiedenen Sprachen gesungen, und vom russischen Volkslied oder serbischen Tanz bis zu Tango und Jazz fehlt es an fast nichts. 

Wechsel Die Vitalität des Programms trägt trotz verschiedener Ausformungen ein stetes Muster: ständige Wechsel zwischen
Behutsamkeit und Voranpreschen, zwischen Melancholie und Freudentaumel. Bereits "Zwei Gitarren", ein russisches Trinklied aus dem 19. Jahrhundert,
fängt in schmachtender Langsamkeit an, um sich rasch zu deutlicher Emphase zu steigern. Ebenso steckt das Tanzlied "Hora" voller Beschleunigungs-
und Bremseffekte. Rogovtsova erklärt: "Drei Schritte vor, einer zurück - Sie dürfen mitmachen." Das Publikum lacht. Sie ist es auch, die bald dafür
sorgt, dass die Türen und Fenster der Kelter geöffnet werden, denn die Hitze treibt den Musikern noch mehr als den Besuchern den Schweiß aufs Gesicht.
Unabhängig davon zeigt die Violinistin bei "Mardgiangia" ein rasantes Spiel bis in höchste·Lagen und nicht weniger im zugespitzt flotten „Szardasch".

Bekannt Dazu kommen Versionen altbekannter Stücke wie „Bei mir bist du scheen", der israelischen Volkshymne "Hava Nagilah" oder Astor Piazzollas "Libertango". Vergleichsweise ausführlich fällt die "Moldawische Rhapsodie" aus, eine Komposition von Jakob Lichtman, der Konzertmeister in Odessa und Gründer von Ja-ka-Scha war. Dynamik und Prägnanz nehmen zu, und überraschende Wendungen ergeben sich, wie der Dialog zwischen Geige und Bass oder der zackige Schluss. Ja-ka-Scha bedeutet "So ist das Leben." Wenn das so wäre, hätte man nichts dagegen. Solche kleinen Realitätsfluchten sind sogar willkommen, wie die 220 Besucher mit heftigem Beifall bekunden.