Kulturstiftung Hohenlohe

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Presseinformationen

"Mozart trifft Marley" - von Andreas Dehne, Hohenloher Zeitung, 10.9.19

Mozart wollte eigentlich nach Bretzbach-Geddelsfeld kommen“: Christoph König (Violine) kennt „viele wahre Geschichten aus dem Internet.“ Aber bei der Reise scheint etwas schief gegangen zu sein. „Oder ist überliefert, dass er hier war“. Die spontane Antwort aus dem von Anfang an sehr begeisterten Publikum in der alten Kelter in Geddelsbach: „Ja.“
Für einen kurzen Moment scheint König etwas verunsichert. „Aber nicht zu der Zeit, als er dieses Lied geschrieben hat“, kontert er dann professionell. Anders als im Programmheft ausgedruckt, spielt die Gruppe Uwaga! (polnisch für: Achtung!) vor der Pause des knapp zweistündigen Konzertes den Titel „Piano Sonata No. 11 in A Major, K. 331.“
Mozart sei irgendwo im Balkan gestrandet, erklären sie. Mozart oder „Mozartovic“, wie sie ihn dort genannt haben sollen, habe dann mit den ortsansässigen Musikern „gejammt“, wie das jetzt neudeutsch heißt, also gemeinsam Musik gemacht. Denn „zufällig hatte er ein Cembalo dabei.“ Und herausgekommen sei die „etwas serbisch klingende Klaviersonate“, die „in Fachkreisen auch die Balkan-Klaviersonate 331“ genannt werde.
Und die musizieren sie dann auch so. Miroslav Nisic am Akkordeon spielt ein langes, fulminantes und virtuoses Intro, bis Christoph König, Maurice Maurer (Violine) und Matthias Hacker (Kontrabass) einsteigen, um jazzig den Mozart knallhart, aber sehr eingängig gegen den klassischen Strich zu spielen.
Achterbahn Der ganze Auftritt der Gruppe Uwaga! gleicht einer fantastischen Achterbahnfahrt quer durch fast alle musikalischen Genres. Mozart sei auch ungern mit dem Auto gefahren, „hatte die Bahncard 50 und hat im Bordrestaurant immer Mozartkugeln gegessen.“ Und er sei nicht nur in „Bretzbach-Geddelsfeld“, sondern auch in Jamaika gestrandet. Dort habe er mit Bob Marley das „Reggae-Violinkonzert (After Mozart)“ komponiert.
Was sie den Zuschauern natürlich nicht vorenthalten: Das „Bezirkszupforchester Castrop-Rauxel-Ost“, wie sie sich selbst einmal nennen wollten, spielt „am Strand von Geddelsbach“ den Reggae frei nach Mozart. Gezupft, geklopft, gekratzt und „gejammt“. Die Geigen werden immer wieder als Percussion eingesetzt, wie auch Bass und Akkordeon. Der Umgang mit den klassischen Instrumenten grenzt bisweilen an extrem gekonntem, aber auch gewollt unsachgemäß wirkendem Spielwitz in einem schwindelerregenden Tempo. Eine mitreißende Performance, die allen Grenzüberschreitungen zum Trotz die Hörgewohnheiten nicht überstrapaziert. Ganz im Gegenteil.
Der Funke springt sofort über und die begeisterten Zuschauer applaudieren von Anfang an frenetisch. Uwaga! sind nicht die ersten die sich solch geniale Grenzüberschreitungen leisten. Man huldigt auch den Ahnen und spielt das Doppelkonzert für zwei Violinen von Johann Sebastian Bach. Allerdings – oder glücklicherweise – in der Bearbeitung von Django Reinhardt und Stéphane Grappelli. „Sie hören jetzt eine Gypsy-Swing-Version.“ Übergangslos folgt direkt im Anschluss daran der Titel „Zwei Gitarren“ des ungarischen Geigers Roby Lakatos. In einem irrwitzig anmutenden Streifzug durch das klassische Repertoire gibt es nicht nur den „Bergkönig“ in der Bearbeitung mit „Rage Against The Machine“ zu hören sondern auch Astor Piazolla. Zu Anfang noch ungewohnt brav intoniert von der unglaublichen Band Uwaga!
Einzigartig Das Quartett bietet in einer erfrischenden Mischung und einer einzigartigen wie eigenwilligen Art Klassiker der Weltmusik in einem vollkommen neuen Gewand. Die etwa 180 Zuschauer danken es ihnen mit stehenden Ovationen und lang anhaltendem Applaus. Die Band erkundigt sich zum Ende des Konzertes, ob es in „Bretzfeld-Geddelsbach“ – jetzt endlich richtig ausgesprochen – Diskotheken gäbe. „Mehrere“, so die sybillinische Antwort aus dem Zuschauerraum. Uwaga! spielt die „Hure aus Transsilvanien.“ Grenzüberschreitend, mitreißend und einfach fantastisch.