Kulturstiftung Hohenlohe

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"Huldefossen und Xochipitzahuatl", von Andreas Dehne, Hohenloher Zeitung 7.8.2019

Dingen, die einem fremd sind, steht man erst einmal mit Ablehnung gegenüber.“ Philip Haas (Trompete, Flügelhorn, Gesang) kündigt die einzelnen Titel des Bläser-Septetts immer leicht humoristisch an. „Aber sie müssen keine Angst haben.“ Vom Hintergrund aus tritt Thomas Winalek (Posaune, Basstrompete, Gesang) etwas mehr nach vorne.
„Sie alle wissen wovon ich rede“, orakelt Haas weiter. Von der Basstrompete, die sehr vielen Menschen fremd ist. „Sie müssen das Fremde, die Basstrompete, nicht lieben, aber sie werden sehen, sie tut ihnen nichts.“ Thomas Winalek be-ginnt nach etwa 70 Konzertminuten mit einem Solo-Einsatz den Titel „Basszus Trombitás.“ Dass einem der Titel leicht spanisch vorkommt, hat seinen Grund.
Die österreichische Bläsergruppe Federspiel mischt einfach alles. Bei der „Basstrompete“ – so die Übersetzung des Songs – Elemente der südamerikanischen Folkore mit osteuropäischen Rhythmen. Oder alpenländische Volksmusik mit bisweilen ironisch anmutend intonierten sehr modernen Klängen. Und unter das Blech der Bläser mischen sie das Holz einer Klarinette (Frédéric Alvarado-Dupuy). Zum Jodler gesellt sich musikalisch ein Kirchenchoral. Die Don-Kosaken scheinen sich an den Gesängen nordischer Trolle zu versuchen. Und mexikanische Liebeslieder werden musikalisch mit einer teuflischen Geschichte gemischt (El Buscapiés). „Für manche ist das sowieso dasselbe.“ Der Beginn des Abends ist mit „Da wo’s beginnt“ noch recht brav. Zumindest die ersten Takte. Dann erfolgt ein Tempowechsel, und die ersten spannenden eigenen Arrangements werden ausgebreitet. Die einzelnen Instrumente scheinen sich förmlich im Wettbewerb gegeneinander solistisch behaupten zu wollen bevor sie ganz plötzlich wieder zueinander finden.
Die Gruppe beginnt mit dem ersten Titel ihrer aktuellen CD „Wolperting – Dort, wo nichts war, ist jetzt Musik.“ Und dem folgt ganz brav der zweite. „Tau.“ Die erste wirkliche Überraschung gibt es mit „S.E.A.L.“ Ihren eigenen Angaben nach „das Stück mit dem Gefühl der Inspiration.“ Stimmt.
Seltenheitswert Wie sie aus der emotionalen Intonation eines Kirchenchorales heraus ganz sanft in den Bergjodler aufsteigen das hat schon Seltenheitswert. Und der wird nicht einfach so gejodelt. Nein, der wird mehrstimmig zelebriert, erinnert in Teilen tatsächlich an gregorianische Gesänge und musikalischen Minimalismus. Zahlreiche Einflüsse der so genannten Weltmusik werden mit Elementen des (Free-)Jazz sowie Formen des Rock verbunden. Sie spielen „Huldefossen.“ Benannt nach dem Wasserfalls eines skandinavischen Märchens. In Teilen klingt das dann fast schon wie ein klassisches Konzert.
Weltmusik Federspiel überrascht und überzeugt mit ungewöhnlichen, bisweilen unerhörten Klängen. Wenn ein mexikanisches Liebeslied mit der Tuba Österreichs (Roland Eitzinger) gemischt wird, entsteht daraus ein wunderbares Stück Weltmusik. Auch wenn im „Innviertler“ danach über der Folklore wieder so richtig zünftig der Stab gebrochen wird. „Seien Sie nicht verwundert, wenn Sie den Sinn des gesungenen Textes nicht ganz erfassen. Das sind Lebensweisheiten, die man gehört haben sollte, die man aber zum Leben nicht braucht.“
Was man aber zum Leben braucht ist gute Verpflegung in der Pause. Der Weinbauverein Niedernhall sorgt für gekühlten Wein. Bürgermeister Achim Beck lässt vor dem Konzert Fächer an die etwa 230 Zuschauer im Kelterhof verteilen. „Wir sammeln sie nach dem Kon-zert aber wieder ein.“ Die Gruppe Federspiel ist bei der Zugabe. „Xochipitzahuatl.“ Der Titel klingt dann auch in etwa so ähnlich wie er heißt. Im Original vermutlich geschrieben für zwei Yetis und einen Wolpertinger – oder eben für Federspiel. Das Publikum verabschiedet die Band mit stehenden Ovationen.
Blasmusik kennt keine Grenzen und kann auch ganz anders klingen als gewohnt, demonstrierten die jungen Österreicher von Federspiel im Niedernhaller Kelterhof.