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Publikum in Herrentierbach begeistert von russischer Folklore - von Ralf Snurawa, 27.07.16, Hohenloher Tagblatt

Die Weite der Landschaft, die Sehnsucht und die Liebe, das sind die Elemente, aus denen oft die Texte russischer Volkslieder gestrickt sind. Etwas davon konnte das Publikum des Hohenloher Kultursommers am Samstagabend im Bürgerhaus von Herrentierbach mitnehmen.
Dort waren in einem der zahlreichen „Jubiläumsdoppelpacks“ des zum 30. Mal stattfindenden Musikfestivals die Sängerin Valeriya Shishkova und das Ensemble „Exprompt“ aufeinandergetroffen. Alle fünf Musiker waren schon in den vergangenen Jahren Gast beim Hohenloher Kultursommer gewesen: Valeriya Shishkova zuletzt in der ehemaligen Synagoge in Michelbach an der Lücke.
Etwa 200 von russischer Folklore Begeisterte hatten den Weg ins Bürgerhaus gefunden. Und sie konnten sich an vielen traditionellen russischen Liedern erfreuen. Denn das Quintett ging die Stücke nicht nur mit Schwung und oft tänzerisch an, sondern auch mit viel Sinn fürs feine Nuancieren. Das zeigte etwa die russische Zigeunerweise „Zwei Gitarren“. Sehnsüchtig im Klang ausgereizte Momente des Innehaltens trafen in diesem Stück auf schwungvolle, perfekt abgestimmte Beschleunigungen. Valeriya Shishkovas Stimme wurde dabei wie etwa auch zu Yakov Prigozhis schön walzerhaft wiegendem „Mein Lagerfeuer“ wunderbar in den Ensembleklang integriert.
Zu Grigory Ponomarenkos „Herbstlied“ führte das sehr klar nachvollziehbare Ineinandergreifen der Stimmen zu großer Ausdrucksstärke, die Valeriya Shishkova durch hingebungsvollen Gesang noch unterstrich. „Die Träne“ des Kutschers am Fluss im großen Kummer über seine Geliebte ließen die Sängerin und Alexey Kleshchenko auf der Sopranbalalaika zu einem innig-zarten Erlebnis werden. Sehr feinsinnig war auch die alte russische Romanze „Din din din“ zu hören.
Mit der Quadrille aus Rodion Schtschedrins Oper „Nicht nur Liebe“ über, wie es Kleshchenko in seiner Moderation erklärte, eine zwischen zwei Männern hin- und hergerissene Frau in einer Kolchose, zeigte das aus dem russischen Karelien stammende „Exprompt“-Quartett, dass es auch in der klassischen Musik zu Hause ist. Evgeny Tarasenko leitete das Instrumentalstück mit einem launigen Solo auf dem Balalaika-Kontrabass ein.
Gewitzt und mit viel Lust am Spiel flossen dann die Melodieteile von Mikhail Totskiis Bajan, dem russischen Knopfakkordeon, zu Olga Kleshchenkos Domra oder Alexey Kleshchenkos Sopranbalalaika – wie auch schon zuvor etwa zur russischen Weise wie „Der Mond scheint“ oder zum „Frejlach“. Das kontrastierte dann sehr schön zu Stücken wie Vera Gorodowskajas „Russischem Walzer“, den das Ensemble weich getönt und mit viel Sinn für den melancholisch-sehnsüchtigen Ton interpretierte.
Es ging auch solistisch, etwa als die Kleshchenkos sich auf Domra und Sopranbalalaika des „Mädchens Melodie“ und „Barynja“ annahmen: sehr gesanglich und mit schönen Nachklangschattierungen, aber ebenso hoch virtuos. Schöne Wechsel zwischen diesen beiden Instrumenten bestimmten dann auch das Schlussstück, die Weise „Ich ging den Berg hoch“. Die stimmlich wunderbar wandelbare Valeriya Shishkova ließ das Lied angesichts der hervorgehobenen und zuvor in der Moderation erklärten Anstrengungen zu einer kleinen Erzählung voller Witz und Heiterkeit werden. Und es sollte angesichts des folgenden begeisterten Beifalls nicht das letzte Stück des Abends im Bürgerhaus gewesen sein.