Kulturstiftung Hohenlohe

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Presseinformationen

Bach im Kontext von Kollegen - von Felix Röttger, Fränkische Nachrichten, 5.8.2014

Beim Gastspiel des Ensembles "Concert Royal Köln" und des Saxophonquartetts "Saxofourte" in der Jakobskirche in Niederstetten überraschte der Hohenloher Kultursommer unter dem Motto "Eurovisionen" mit ungewöhnlichen Arrangements von Bach’schen Sätzen aus Kantaten und Motetten für historische Oboen und moderne Saxophone. Thematisch nach "Bach und Frankreich", "Bach und Italien" sowie "Bach und die Gregorianik" gegliedert und zu anderen Komponisten in Beziehung gesetzt, vermittelten die Werke einen nachhaltigen Eindruck von der Kreativität des Komponisten Johann Sebastian Bach, der bis heute inspiriert.
Von Marc-Antoine Charpentier sind vier seiner ursprünglich sechs Te Deum-Vertonungen erhalten, von denen beide Ensembles gemeinsam das Prélude aus dem Te Deum H146 aus dem Jahre 1692 spielten; so erklärte sich das Konzertmotto von selbst, denn das Hauptthema war die aus dem Fernsehen bekannte Erkennungsmelodie der Eurovision.
Für ihr Oboenensemble und das Saxophonquartett arrangierte Karla Schröter den festlichen Eingangschor aus Bachs Kantate "Höchsterwünschtes Freudenfest" BWV 194 in Form einer französischen Ouvertüre. Unterschiedliche Temperamente spielten in reizvollem Kontrast ihre Stärken aus: In den langsameren, eher getragenen Sätzen dominierte der Charme und die Spielfreude des Oboenensembles von Karla Schröter mit dem Cembalisten Willi Cronenberg, während das Saxophonquartett über eine unbändige Strahlkraft für die dynamischen Passagen verfügte. Ungezwungene Leidenschaft und kammermusikalischer Charme gingen so im Zusammenspiel eine fruchtbare Verbindung ein.
Passend zum Thema "Bach und Frankreich" folgten noch zwei von den beiden Ensembles einzeln gespielten Werke von Charpentier - die Suite aus "La Comtesse d’Escarbagnas" für Oboen, Taille und Basso continuo sowie von "Saxofourte" Bachs Orchestersuite h-Moll BWV 1067 mit Rondeau, Sarabande und Badinerie, gekrönt von einem fetzigen Jazzarrangement von Peter Ströbele. Von Thomas Sälzle (Sopransaxophon), Christoph Heeg (Altsaxophon), Simon Hanrath (Tenorsaxophon) und Daniela Wahler (Baritonsaxophon) wurde die zweite von insgesamt vier Ouvertüren aus Bachs Zeit am Hof von Köthen gespielt.
Stark von Bach geprägt wurde der brasilianische Komponist Heitor Villa-Lobos, der ab 1930 seine neun "Bachianas Brasileiras" komponierte. Aus der "Bachiana Brasileira No. 5" stellte "Saxafourte" die von Frank J. Bongiorno arrangierte Ária (Cantilena) vor, die ursprünglich 1938 für Sopran und acht Violoncelli entstand. Dass auch ein Johann Sebastian Bach Werke hinterlassen hat, die sich vorzüglich mit dem viel später entwickelten Saxophon, insbesondere dem Sopransaxophon spielen lassen, unterstreicht die Zeitlosigkeit seiner Kompositionen, für die Bach selbst die Instrumente öfter austauschte oder sogar auf eine Festlegung verzichtete.
Die Offenheit für neue Anregungen demonstrierten die beiden Ensembles auch bei den folgenden sechs Werken von Johann Sebastian Bach zum Thema "Bach und die Gregorianik" mit dem von Karla Schröter für beide Ensembles arrangierten Eingangschor aus der Kantate BWV 10 als Höhepunkt.
"Bach und Italien" war das Motto des dritten und letzten Konzertabschnitts, den das "Italienische Konzert" von Bach mit einem Arrangement von Katsuki Tochino für ein Saxophonquartett einleitete. Eine zweifache Bearbeitung erfuhr Antonio Vivaldis "Concerto con Violino" mit der Nummer 12 aus seinem Opus 3, das Johann Sebastian Bach in seiner Weimarer Zeit für Cembalo solo bearbeitet und von E-Dur nach C-Dur transponiert hat. Dieses lebhaft-anmutige Werk arrangierte Karla Schröter sehr ansprechend für das Oboenensemble mit Cembalo. Die Offenheit für neue Klangfarben voller Melancholie und trotziger Lebensfreude demonstrierten im Zusammenspiel mit "Saxafourte" Karla Schröter, Martin Fendel, Eva Grießhaber (Barockoboe), Shogo Fujii (Taille) und Alain De Rijckere (Barockfagott) bei Astor Piazzollas "Fuga y Misterio". Der Schlusschor aus der Bach-Kantate "Nun danket alle Gott" BWV 192 mit einer Bearbeitung von Karla Schröter für beide Ensembles unterstrich die Aktualität der Bach´schen Musik mit ungewöhnlich inspirierenden Klangerlebnissen. ferö

© Fränkische Nachrichten, Dienstag, 05.08.2014