Kulturstiftung Hohenlohe

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Presseinformationen

Rhythmisches Federn beim Rondo - von Ralf Snurawa, Südwestpresse und Hohenloher Zeitung, 7. und 8. Juni 2016

In der Zeit der sogenannten Wiener Klassik wurden für die Besetzung Klavier, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott nur zwei Werke geschrieben: Wolfgang A. Mozarts Es-Dur-Quintett KV 452 und das daran orientierte Werk in derselben Tonart von Ludwig van Beethoven. Wer für diese Besetzung Literatur über diese beiden Kompositionen hinaus finden möchte, muss schon angestrengt suchen.
Die vorwiegend in Berlin beheimateten Musiker des „Ensemble 4.1“ wurden im 19. und 20. Jahrhundert fündig. Dass es sich dabei vorwiegend um Werke wenig bekannter Komponisten handelt, birgt Chance wie Risiko zugleich. Für den Veranstalter kann es – wie in Langenburg – auch einmal ein nicht ausverkauftes Konzert bedeuten.
Für das Publikum bietet es immerhin den Gewinn, etwas Neues aus älterer Zeit zu Gehör zu bekommen: gelegentlich mit Überraschungseffekten. Für die sorgte im Barocksaal das letzte zu hörende Werk im Konzert: Walter Giesekings B-Dur-Quintett aus dem Jahr 1919. Seine pianistisch ausgelebte Begeisterung für die französische Musik der Jahrhundertwende hatte sich auch in diesem Quintett niedergeschlagen.
Hell-golden klang der Beginn mit Jörg Schneider auf der Oboe und Thomas Hoppe am Klavier, ehe Hornist Fritz Pahlmann mit Sinn für Klangfeinheiten ein Motiv einschleuste, das die weitere Entwicklung des Eingangssatzes bestimmte. Ein warmer und weicher Ensembleton sowie schön zurückgenommene Momente bestimmten den Mittelsatz. Alexander Glücksmann brachte seine Klarinette innig zum Klingen.
Im letzten Satz spielt Gieseking mit Erwartungshaltungen, die nicht erfüllt werden. Das „Ensemble 4.1“ wusste dies effektreich und mit Witz wiederzugeben. Besonders Philipp Zeller stand mit seinem Fagottspiel im Mittelpunkt des finalen Satzes. Dessen Mittelteil brachte mit seinem Klangschwelgen – wie schon im ersten Satz – Bezüge zur Musik Claude Debussys.
Dagegen hatte sich der in Chicago beheimatete Arne Oldberg mehr an der Musik von Johannes Brahms orientiert, als er 1905 sein Quintett in Es-Dur schrieb. Als ehemaligen Schüler von Josef Rheinberger entlarvt ihn in dieser Komposition allerhöchstens die Vorliebe fürs Gesangliche. Dass Oldberg ein nicht unbedeutender Klaviervirtuose seiner Zeit war, verdeutlichte der technisch anspruchsvolle und virtuose Einlagen bietende Klaviersatz des Quintetts.
Thomas Hoppe bot da perlende Tastenläufe. Schön gelang das Duettieren mit einzelnen Bläsern, etwa Momente der Doppelmelodik mit der Klarinette. Das Wechselspiel zwischen den Instrumenten erreichte eine hohe Klangdichte. Die wurde auch im Menuettsatz beibehalten, der innig gesanglich zu vernehmen war. Kantabel wirkte ebenso der zunächst schweifende, dann sich bis zur Stretta kaum entwickelnde Schlusssatz.
Beethovens Quintett wirkte im Vergleich dazu geradezu wie eine klangliche Explosion. Das „Ensemble 4.1“ setzte zu Beginn auf weite Spannungsbögen und geschärfte Akzentsetzungen. Details und leise Momente wurden dem aber nicht geopfert.
Herausragend waren dann die Soli von Philipp Zeller und Fritz Pahlmann. Letzterer verlieh seinem Horn einen wundervoll runden Ton. Rhythmisches Federn bestimmte das Schlussrondo. Die Musiker kosteten manch humorvolle Wendung effektreich aus und schlugen so den Bogen zu Giesekings Quintett. Am Ende gab es begeisterten Beifall für die Interpretation wie fürs Wiederentdecken.